Mann trägt überdimensionale Insektenpuppe durch eine Karstlandschaft, dazu ein fragmentarisches Chat-Protokoll in traumwandlerischer Klangkulisse – so meint man nach einigen Minuten den Film Epigonia in Stichworten charakterisieren zu können. Und doch ergibt sich in all der gebotenen Beiläufigkeit und Monotonie mit der Zeit schließlich ein seltsam packend schwebendes, ästhetisches Erlebnis.

Den üblichen Zwang nach Zweck, Grund, Ziel und Sinn zu fragen aufgebend taucht man ein in einen Zustand des allgemeinen Kommens und Gehens, und wird so ein stückweit selbst Teil des Films. Abseits der Frage nach dem Woher und dem Wohin treibt man im Strom der Eindrücke, die Außen und Innen an einem vorbeiziehen, steht mitten unter den Protagonisten– Mann, Insektenpuppe, Chat, Musik und Landschaft – tragend und getragen-werdend.

Am Beginn der Überlegungen zum Filmprojekt Epigonia stand die Idee, das von Ekehardt Rainalter gestaltete Objekt einer überdimensionalen Insektenpuppe durch eine karge, bewuchslose Landschaft zu tragen. Dies umzusetzen begaben sich die vier Autoren Brandlmayr, Machat, Nardo und Rainalter im Juni 2016 nach Kroatien, um auf der Insel Pag entsprechendes Filmmaterial zu drehen. Nach Erkundung  der Location entwickelte man einen Plan, welche Strecke im Zuge der Dreharbeiten mit dem Objekt zurückgelegt werden sollte.

In den folgenden Tagen wurde dieser Weg mit unterschiedlichen Kameras aus unterschiedlichen Perspektiven dokumentiert. Nachdem dabei keineswegs geklärt war, wer genau für was zuständig war – und somit Regie, Kameraführung und Darstellung kaum voneinander zu trennen waren – wurde nicht nur der Transport der Puppe filmisch eingefangen, sondern waren auch die Dreharbeiten sowie An- und Abreise mit im Bild. In stillem Einverständnis all des dabei an den Tag gelegten selbstorganisierten Tuns vergingen die Drehtage. Selbst Wetter und Licht schienen dabei mitzuspielen.

Mit Ende des vorgezeichneten Weges änderte sich dies jedoch radikal. Im Bewußtsein, dass das bisher gedrehte Material zwar sehr eindrucksvoll, jedoch zu einseitig und somit nicht ausreichend sein würde, um einen ganzen Film damit zu gestalten, stellte sich die Frage, wie und wo man nun zu dem noch fehlenden Material gelangen könnte. Unter Druck, momentan diesbezüglich etwas finden zu müssen, zeigte man sich verletzlich, ambivalent und angreifbar. Unterschiedliche Vorstellungs- und Lebenswelten gerieten aneinander.

Man suchte nach einer Lösung, gab sich schließlich dann aber doch der in diesem Moment herrschenden prekären Situation selbst hin. Sprich, man hat ebendiese als Gemeinschaft angenommen und so Zutrauen gewonnen, dass das noch fehlende Material in der Dokumentation der Reise sowie im Rahmen der noch ausstehenden Schnittarbeit gefunden werden würde.

In den folgenden Monaten wurde das Bildmaterial gemeinsam gesichtet, in Pools zu unterschiedlichen Themen sortiert und mittels algorithmischem Schnitt (Karl-Heinz Machat) mit einem Textprotokoll vernetzt, das man über einen Chat gewann. Abgerundet wurde das ganze mit Fieldrecordings, Musik, die im Rahmen des Projekts entstanden ist und Ausschnitten aus dem Hörstück Vive les Fantomes, für das Martin Brandlmayr 2018 mit dem renommierten Karl-Sczuka-Preis ausgezeichnet wurde.


Peter Brandlmayr
Geboren 1970 in Bad Ischl. Geologiestudium an der Universität Innsbruck, danach Kolleg für Fotografie an der Höheren Grafischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Wien. Gründete 1999 das Institut für Wissenschaft und Forschung (IWF), wo er sich vorerst mit dem Schaffen des Physikers Viktor Krylov beschäftigte.

Ab 2002 Ausweitung der Arbeit, unter anderem auf den Künstler C.I. Brom. 2005 Promotion an der Universität Innsbruck zum Dr. phil.. Zahlreiche Ausstellungen, Vorträge, Performances. 2012 Gründung des Pegasus-Instituts für Pataphysik (PIP).

BRANDLMAYR Peter

Karl-Heinz Machat
Born in Austria, 1966; lives and works in Innsbruck, Austria. Studied drawing with Wolf Vostell, and studied medicine, philosophy and architecture in Innsbruck, Dallas and Los Angeles. He studied architecture with Peter Cook, Neil Denari, and Lebbeus Woods.

As an architectural and media designer, he deals with the use and impact of information technologies in real and virtual environments. He is co-founder of heiKE/NZ webarchitects and has carried out projects in Austria, USA, Singapore, UK, Italy and Switzerland.

In addition, Karl-Heinz Machat is a lecturer at the Institute of Design/studio2 at the Faculty of Architecture at the University of Innsbruck since 2003, with a focus on design studios and architectural media theory.

MACHAT Karl-Heinz (Photo © Heike Bablick)

Maurizio Nardo
Born in Italy, 1972. Lives in Innsbruck, Austria
Live electronic music and composing solo and in various collaborations.
Master in psychology: Cognition, Perception, ecological psychology, environmental psychology.
Member of columbosnext.com, a collective for art and architecture since 2004 in Innsbruck, Austria .
Member of medienkunsttirol, platform for media art events and publications.
Member of IWF Institut für Wissenschaft und Forschung, 2002-2015 Vienna, installations/performance/lectures and curating exhibitions and publications.
Cofounder of musicians platform and Label Verschubu Records. Lecturer at University of Innsbruck, studio3, faculty of architecture.
Works in psychosocial care and personal assistance of people with handicap and/or psychiatric disorders.

NARDO Maurizio

Ekehardt Rainalter (geboren 1980 in Zams/Tirol) ist Architekt und Künstler. Er lebt mit seiner Familie in Innsbruck.
Studium der Architektur. studio3 Innsbruck. Mitglied von columbosnext – Architektur und Kunst. 2010 Erhalt des “bmukk STARTstipendiums für die Oper Akhtamar”. Als Musiker alleine und in Gruppen tätig: monomono, Trauriges Tropenorchester, das Team, Nighthawk. Ekehardt Rainalter realisierte seit 2012 postdramatische Theaterprojekte und Tanzperformances für verschiedene Festivals und freie Theater. (Heart of Noise, Innsbruck International, BRUX). Als Architekt arbeitet er seit 2015 im Büro von Erich Strolz.

RAINALTER Ekehardt

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